Neuss (NGZ). Die Jugend – Zukunft der Republik. Hat sie in Neuss etwas zu melden? Hört die Politik ihr zu? Und fordert sie ein Mitspracherecht ein oder ist sie zunehmend desinteressiert? Die NGZ hat sich beim Politik-Nachwuchs umgehört.
Stadtjugendpfleger Dieter Köhler im Haaner Gymnasium auf der Suche nach Kandidaten für das Jugendparlament Verena, Luise und Lea hören zu.
In den späten 60er Jahre gingen sie gegen den Schah von Persien auf die Straße, in den 80ern demonstrierten sie gegen Atomkraft. „Es gab Jugend-Generationen, die politisch aktiver waren als die heutige“, meint Stefan Hahn, Jugenddezernent der Stadt, „aber das Interesse an Politik ist allgemein rückläufig, das ist nicht nur ein Phänomen bei Jugendlichen.“
Zumindest, was den letzten Teil betrifft, nimmt Michael Ziege (24) das Gegenteil wahr: „Ich beobachte, dass sich Jugendliche verstärkt für Politik interessieren“, sagt der Juso-Vorsitzende, der knapp 100 Mitglieder hinter sich weiß. Auch der 20-jährige Christoph Dymek, Vorsitzender der 40 Neusser JuLis (Junge Liberale), erfährt immer wieder, dass Gleichaltrige sich mit politischen Themen auseinandersetzen: „Zur Zeit wird auf jeder Party über die Piraten-Partei diskutiert und das oftmals sehr kritisch.“ Der Germanistikstudent glaubt eher an eine Parteien- als an eine Politikverdrossenheit. Politik sei für den Bürger im Alltag kaum erlebbar, findet Lars Schellhas (16), Sprecher der Grünen Jugend Neuss.
Im Stadtrat gibt es eine Seniorenbeauftragte – als Reaktion auf den demografischen Wandel –, nicht aber einen Jugendbeauftragten. „Stimmt“, bestätigt Jugenddezernent Hahn, „weil wir, wie im Kinder- und Jugendhilfegesetz geregelt, eine Stadtjugendpflegerin haben.“ Bei Ann Christin Kaup laufen sämtliche Fäden der offenen Jugendarbeit zusammen, sie ist Koordinatorin und Ansprechpartnerin. Anlaufstelle für die Jüngeren will das Kinderbüro sein, das unter anderem für Schulklassen Rathausführungen organisiert. Und regelmäßig lädt Bürgermeister Napp zu Kinderversammlungen ein. „Vielleicht könnte diese Veranstaltungsform auf Jugendliche ausgeweitet werden „, schlägt Karolina Buckner (25) vor, Vorsitzende der etwa 370 Mitglieder zählenden Neusser JU (Junge Union). Die jungen Leute hätten dem Verwaltungschef sicher jede Menge zu sagen: Die Diskussion um das Haus der Jugend etwa schlug Wellen. „Grundsätzlich gibt es eine Neigung, sich bei persönlicher Betroffenheit zu einem Einzelthema zu melden, ohne dass dies aber zwangsläufig zu einem dauerhaften Engagement führt“, glaubt Hahn. „Solche Leuchtturm-Themen wie das ‚Haus der Jugend‘ bringen viel Aufmerksamkeit“, weiß Ziege, „der Ärger über den Sanierungsstau der Schultoiletten hat dazu geführt, dass sich vor gut einem Jahr eine Bezirksschülervertretung in Neuss neu gegründet hat“. Warum es kein Jugendparlament gibt? Eine gute Idee, meinen die Nachwuchs-Organisationen der Parteien – die vor Jahren aber nicht griff. Eine Neuauflage, fürchtet Dymek, könnte schon an den städtischen Finanzen scheitern. Gehört fühlen sich die Jungpolitiker dennoch, als sachkundige Bürger in Ausschüssen oder in der Fraktion. „Im Rat der Stadt sind wir mit vielen jungen Mitgliedern vertreten“, sagt Buckner, „und dort werden die Entscheidungen getroffen.“
Quelle: http://www.ngz-online.de/neuss/nachrichten/sind-junge-neusser-politisch-1.2655436
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